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PROFESSORIN

Sr. Augustina Flüeler um 1945

Erna Schillig um 1955

Werner Andermatt um 1970

Augustina-Flueler im Atelier, www.ernaschillig.ch
Augustina-Flueler im Atelier, www.ernaschillig.ch

Paramentenkünstlerin

Foto: Peter Ammon

Erna Schillig um 1955
Erna Schillig um 1955

 

Foto: Marie-Theres Felber

Werner Andermatt 1 zugeschn.jpg

Direktor, Maler und Grafiker
Foto: Familie Andermatt

ERNA SCHILLIG WIRD ALS EINE DER ERSTEN FRAUEN ZUR PROFESSORIN

EINER KUNSTHOCHSCHULE ERNANNT

Josef Mühle (1890 – 1950), der Direktor der Kunstgewerbeschule Luzern von 1939 bis 1950, hat die Absicht, an der Schule eine Abteilung für kirchliche Textilien einzurichten. Es besteht zu dieser Zeit eine grosse Nachfrage für Paramentik. Im Kloster St. Klara in Stans führt Schwester Augustina Flüeler (1899 – 1992) bereits seit 1929 eine Fachklasse für Paramentenstickerei, der später eine Werkstatt angegliedert wird.

Direktor Mühle hofft an der neuen Abteilung in Luzern auf ein vielversprechendes Tätigkeitsfeld. Er beabsichtigt, eidgenössisch diplomierte Paramentikerinnen und Handweberinnen auszubilden. Er bietet die Leitung der neuen Abteilung Schwester Augustina Flüeler an. Da diese ablehnt, beruft er 1947 Erna Schillig, die für ihre Wandbilder und Wandteppiche bekannt ist, als Leiterin der neuen Textilabteilung. Kirchliche Textilien sind für die 48-jährige Frau ein neues Aufgabengebiet. Sie führt diese Abteilung von 1948 bis 1967 mit grossem Engagement. Als sie sich als Rektorin der Kunstgewerbeschule bewirbt, wird dies mit der Begründung abgelehnt, dass diese Funktion für eine Frau nicht in Frage komme. Werner Andermatt (1916 – 2013), der von 1950 bis 1981 Direktor der Kunstgewerbeschule ist, beantragt beim Erziehungsdepartement des Kantons Luzern, Erna Schillig zur Professorin zu ernennen.

1960 erhält sie diesen Titel.

Schwester Augustina Flüeler im Kloster St. Klara in Stans und Regina Amstad (1897 –1986) mit ihrem Atelier in Beckenried sind Wegbereiterinnen für erneuerte Paramentik. Beide Frauen gehen hinsichtlich der Gestaltung der kirchlichen Textilien neue Wege. Es entstehen die ersten aus einem Stück gefertigten liturgischen Kleider. Die Werkstatt in Stans geniesst ab den 1940er Jahren internationales Ansehen. Eine Zeitzeugin, die 1948/49 im Kloster St. Klara zur Schule geht, erzählt, dass Erna Schillig zur gleichen Zeit bei Schwester Augustina Flüeler lernt und sich mit ihrem neuen Tätigkeitsfeld vertraut macht. Sie wohnt da im Deschwanden-Haus, das der Tante der Zeitzeugin gehört und unmittelbar unterhalb des Klosters steht.

Die Zeitzeugin Anne Marie Schillig-Blättler erzählt.   

InterviewAnne Marie Schillig-Blättler
00:00 / 08:39

Am Webstuhl die Lehrtochter
Käthi Müller, die von 1956 bis 1958

           eine Lehre als Handweberin in der
                  Paramenten-Abteilung an der
         Kunstgewerbeschule Luzern macht.
                                                 Foto: ZVG

Käthi Müller am Webstuhl, ernaschillig.ch

Ausschnitt aus Bild von 1961

Foto: Karl Iten

Unter der Leitung von Erna Schillig erhalten die Lehrtöchter Unterricht in Berufskunde und theoretischen Fächern. Sie üben sich in eigenen Entwürfen und arbeiten in der Werkstatt mit, wo auch Festangestellte tätig sind. Erna Schillig stellt hohe Anforderungen an Qualität und Disziplin und führt die Textilabteilung, die von der übrigen Schule getrennt ist, mit strenger Hand. Ihr grosser Einsatz wird mit Erfolg gekrönt, und sie macht sich einen Namen als führende Vertreterin einer modernen Paramentik. Trotz des grossen Erfolgs gibt es aber auch Schwierigkeiten. Andere Anbieter von Paramenten, unter anderen das Kloster St. Klara in Stans, werfen der Schule staatliche Konkurrenzierung vor.

1951 erteilt Direktor Werner Andermatt Regina Amstad, der Kunstweberin aus Beckenried, einen Lehrauftrag für Webtheorie und Materialkunde. Gemäss Arbeitsvertrag arbeitet sie während zwei Halbtagen zu vier Stunden pro Woche in der Textilabteilung. Sie wird mit 10 Franken per Arbeitsstunde entschädigt.

Innerhalb der Abteilung gibt es immer wieder Spannungen. Finanzielle Probleme und häufige Wechsel bei den Angestellten gilt es zu meistern. Die Schülerzahl geht von 14 Lehrtöchtern im Jahr 1956 auf 6 zurück zwei Jahre später. 1959 wird die Textilabteilung reorganisiert, und es wird eine Hilfslehrerin angestellt.

Professorin
Mit der Ernennung von Erna Schillig 1960 zur Professorin erfährt die Schule zusätzliche Anerkennung. Ehemalige Schülerinnen erzählen, dass man Fräulein Schillig nun als Fräulein Professor ansprechen musste. Zeitzeugen wissen zudem zu berichten, dass sie Wert darauflegte „Fräulein Professor“ genannt zu werden, damit niemand auf die Idee kam, sie sei die Frau eines Professors.

1965 wird Erna Schillig pensioniert, leitet aber die Abteilung noch bis 1967. Während ihrer Tätigkeit in der Textilabteilung an der Kunstgewerbeschule in Luzern wohnt Erna Schillig neben der Jesuitenkirche, im Gebäude der damaligen Volksbank, in einer geräumigen 3-Zimmerwohnung.

Erna Schillig um 1955

Ausschnitt aus Bild von 1961

Foto: Karl Iten

Erna Schillig in Chur

Schülerinnen der Paramenten-Abteilung, Kunstgewerbeschule Luzern mit Erna Schillig, Schulausflug um 1955 nach Chur.

  Fotos: Marie-Theres Felber

Erna Schillig mit Schülerinnen der PM Abt um 1955
Erna Schillig mit Schülerinnen der PM Abt um 1955

  Fotos: Marie-Theres Felber

Die ehemalige Schülerin Marie-Theres Egloff-Felber erzählt.

InterviewMarie-Theres Egloff-Felber
00:00 / 08:42

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Expertin

Während ihrer Tätigkeit, vor allem aber seit der Ernennung zur Professorin, wird Erna Schillig immer wieder als fachkundige Beraterin beigezogen. So wird sie 1961 als eine der ersten Frauen Mitglied der Eidgenössischen Kommission für angewandte Kunst, und 1964 wählt man sie zur Delegierten am Weltkongress des World Craft Council an der Columbia-Universität in New-York, deren Mitglied im Direktorium sie dann von 1966 bis 1969 ist. Im Auftrag des Eidgenössischen Departements des Innern ist sie als Jury-Mitglied bei der Vergabe von Stipendien für angewandte Kunst tätig. Sie wird auch mehrmals als Expertin bei Wettbewerben beigezogen.

Quellen:

Kurzum, alles ist in Bewegung und im Umbruch. Von der Kunstgewerbeschule zur Hochschule Luzern (Design & Kunst

1877 – 2017); Dokumente der Hochschule Luzern, Abt. Design & Kunst; Architektur und Kunst, Band 48 und 55; Die Medici von Beckenried, 2005; Staatsarchiv Uri; Gespräche mit Zeitzeugen.

Logo Signatur Erna Schillig, www.ernaschillig.ch
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